
Therese Mieth
XOXO: über Gossip, Geschichten und textile Handarbeit –
Jacquardgewebe, Stickerei, Polyesterstoff gelasert, Stahlring, Nylonfaden, 2025
„Gossip hat einen schlechten Ruf – im Deutschen als „tratschen“ oder „lästern“ bekannt, gilt es als hinterhältig und boshaft. Frauen, die gossipen, werden oft abwertend als „Tratschtanten“ bezeichnet.
Die italienische Philosophin Silvia Federici weist jedoch darauf hin, dass gossip ursprünglich eine andere Bedeutung hatte: Im mittelalterlichen England waren „gossips“ Frauen, die bei Geburten anwesend waren und als Patinnen eine spirituelle Verbindung zum Kind eingingen. Später bezeichnete der Begriff enge Frauenfreundschaften. Erst mit dem Machtverlust von Frauen im aufkommenden Frühkapitalismus des 16. und 17. Jahrhunderts wandelte sich die Bedeutung negativ.
Meine Arbeit schließt sich aktuellen feministischen Positionen an, die Gossip als solidarische, widerständige Praxis neu lesen. In textilen Arbeiten erzähle ich die Geschichte dieser Bedeutungsverschiebung – etwa durch Jacquardgewebe, die mittelalterliche Frauen beim Spinnen zeigen. Entstehen soll eine collagenartige Erzählung, die Momente des Gossipens einfängt. Ich verstehe Gossip als soziales Beziehungsgeflecht, das Wissen vermittelt, Intimität schafft und marginalisierten Stimmen Raum gibt. Textile Praktiken dienen dabei sowohl als Medium als auch als Metapher für feministische Netzwerke und Räume der Begegnung beispielsweise in Strick-, Häkel- oder Klöppelzirkeln.“
