
Rosa Kirsch
Bedtime stories – Mixed Media: Kinderdecke, Epoxy, Faden, 150 x 80 cm, 2025
Nadelkissen – Steppdecke, Aluminiumrohre, Lack, Tischtennisbälle, 80 x 80 x 80 cm, 2025
Einleitung
„Ich begreife den Alltag als ein mehr oder weniger bewusst geschaffenes Konstrukt, das uns vor der Konfrontation mit negativen Emotionen wie Angst, Trauer oder Scham schützen soll. Der Wohnraum dient dabei als Metapher für den Ort, an dem wir tatsächlich Kontrolle darüber haben, was existieren darf und was nicht. Aus diesem Grund arbeite ich bevorzugt mit Alltagsgegenständen, gefundenen Materialien und bekannten Motiven, die bereits eine eigene Geschichte und Bedeutung in sich tragen.
Auf den ersten Blick wirken diese Dinge oft vertraut und dadurch angenehm, doch bei genauerem Hinsehen offenbaren sich Widersprüche. Diese Gegensätze interessieren mich besonders. Durch Vergrößerung, Veränderung oder das Hinzufügen von Elementen, lenke ich den Blick auf die Details, die uns größere Zusammenhänge verständlich machen. So möchte ich Betrachterinnen neue Zugänge eröffnen und sie auf die Aspekte eines Objekts oder einer Geschichte aufmerksam machen, die ich darin gefunden habe.“
Bedtime Stories
„Die Grundlage der Arbeit ‚Bedtime Stories‘ ist eine Kinderdecke aus der DDR, die ich in einer Kleiderkammer gefunden habe. Man sieht ihr an, dass sie lange benutzt wurde, der Stoff ist dünn und mehrfach geflickt worden, als wäre sie über lange Zeit ein wichtiger Begleiter gewesen. Auf der Decke ist das Märchen von Hänsel und Gretel zu sehen, das auch mir als Kind oft zum Einschlafen vorgelesen wurde. Eine beliebte Gute-Nacht-Geschichte, deren Handlung aber erstaunlich brutal ist: Zwei Kinder werden von ihren Eltern im Wald zurückgelassen und geraten in die Gewalt einer Kannibalin, die sie mästen und schließlich verspeisen möchte.
Die roten Tropfen aus Epoxidharz habe ich angefertigt und auf der Decke angebracht, um die Risse und Wunden im Stoff mit der Brutalität der Erzählung zu verknüpfen. Diese Arbeit beschäftigt sich aber nicht nur mit Hänsel und Gretel und der Frage, wie zeitgemäß das Märchen heute noch ist, sondern auch mit all den anderen Geschichten, die wir uns immer wieder selbst und gegenseitig erzählen.
Und damit wie brutal und verletzend das, woran wir als Gesellschaft festhalten, sein kann.“
