
Julia Hochbaum
Zitronengeflecht – Öl auf Leinwand, 90 x 120 cm, 2025
Penicillin – Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm, 2025
Edelfäule – Öl auf Leinwand, 30 x 40 cm, 2025
Strukturen – Öl auf Leinwand, 15 x 15 cm, 2025
„In der Gemälde-Serie ‚Flechtwerke‘ beschäftige ich mich mit organischen und künstlichen verwobenen Strukturen. Ein Korb, ein verzierter Silberteller und ein Häkeldeckchen stehen im Kontrast zu schimmelndem Obst, Zitronen, Trauben und einer Melone.
Das vom Menschen geschaffene ruhige Muster steht zunächst im Gegensatz zur lebendigen Ausbreitung des Myzels, dem Geflecht des Schimmelpilzes, während sich künstlich hergestellte Flechtwerke durch Ordnung, Struktur und Wiederholung auszeichnen, herrscht im Geflecht des Schimmels scheinbar Chaos. Doch der Schein trügt. Schimmelpilze sind hochstrukturiert und zeigen eine andere Art der Ordnung, auch wenn sie auf uns Menschen unkontrolliert wirkt.
Im Gegensatz zu den Zitronenbildern verändert sich die Bedeutung des Schimmels im Gemälde ‚Edelfäule‘. Hier werden die Pilzgeflechte von Menschen genutzt zur Herstellung von Delikatessen wie Schimmelkäse oder Wein aus Traub mit Edelfäule. Schimmelpilze haben auch einen medizinischen Nutzen wie bei der Herstellung von Penicillin durch einen von Alexander Fleming zufällig gefundenen Schimmelpilz, der durch eine verrottete Melone aus dem Supermarkt kultiviert werden konnte.
Die künstlerische Auseinandersetzung zeigt also, dass Ordnung und Chaos nicht Gegensätze sind, sondern unterschiedliche Perspektiven auf dasselbe Geflecht. Indem der Schimmel ins Bild gesetzt wird, verlieren wir die Illusion absoluter Kontrolle und begegnen der Vergänglichkeit nicht nur mit Angst, sondern auch mit der Möglichkeit, sie produktiv zu deuten. So vereinen sich in den Flecht zerstörerische und schöpferische Kräfte in einem kontrastreichen Bild, das unseren Umgang mit Vergänglichkeit neu befragt.“
